Internationaler Erfahrungsaustausch zur Traumatherapie in Konflikt- und Postkonfliktgebieten

Traumatherapie in Konflikt- und Postkonfliktregionen – Internationale Konferenz in Kyiv, 25-26 November 2017
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Am 25. und 26. November fand in Kyiv unsere internationale Konferenz zum Thema „Traumatherapie in Konflikt- und Postkonfliktregionen: Stärkung von SpezialistInnen durch Erfahrungsaustausch“ statt. Die Konferenz schuf eine Plattform für den Erfahrungsaustausch und den Transfer von Best Practices im Bereich der Traumatherapie zwischen internationalen ExpertInnen und Fachkräften für Traumatherapie der ukrainischen Zivilgesellschaft. Hiermit betonte die Konferenz die zentrale Bedeutung der traumatherapeutischen Arbeit für eine erfolgreiche Konfliktnachsorge in der Ukraine.

Die erste Rede auf der Konferenz hielt Florian Pötter, erster Sekretär und Referent für Außen- und Sicherheitspolitik der Deutschen Botschaft in Kyiv. In seiner Ansprache ging er auf die anspruchsvolle Arbeit mit kriegstraumatisierten Menschen ein und sprach über die Notwendigkeit des Erfahrungsaustauschs zwischen Fachkräften für Traumtherapie aus verschiedenen Ländern. In diesem Zusammenhang betonte er die Bedeutsamkeit der Konferenz und von Projekten wie „Kriegsfolgen gemeinsam überwinden“, die diesen Austausch ermöglichen.

Während der zweitägigen Konferenz kamen mehr als zwanzig internationale ExpertInnen der traumatherapeutischen Arbeit aus der Ukraine, Russland, Armenien, Georgien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, aus den Niederlanden und Deutschland miteinander in Kontakt. In vier Podiumsdiskussionen und 2 Workshops präsentierten sie ihre langjährigen Arbeitserfahrungen und tauschten ihr Fachwissen, erfolgreiche Therapiemethoden sowie neue Ansätze in der psychosozialen Arbeit mit mehr als 70 ukrainischen Fachkräften für Traumatherapie aus. So gestaltete sich ein internationaler Fach- und Erfahrungsaustausch in Kyiv, zu dem, neben den Expertinnen aus sechs (Post-)Konfliktregionen sowie den Niederlanden und Deutschland, praktizierende TraumaterapeutInnen und PsychologInnen aus allen Regionen der Ukraine sowie Studierende der psychologischen Fakultät der Nationalen Kyiv-Mohyla-Akademie zusammen kamen.

Zahlreiche TeilnehmerInnen bedankten sich explizit für diese besondere Möglichkeit des internationalen Erfahrungsaustausches, die sie als große Unterstützung für ihre Arbeit sowie gleichzeitig Burn-Out-Prävention werteten.

Das Format der Konferenz ermöglichte eine aktive Teilnahme aller Beteiligten. So resümierte Nadezhda Khomenko, Vertreterin des ukrainischen Hauptpartners des Projekts „Kraina Viljnih ljudej“: „Die Konferenz gibt neue Impulse nicht nur für die Stärkung der traumatherapeutischen Arbeit in der Ukraine, sondern auch für die Vernetzung und Fortsetzung der Friedensarbeit in der Ukraine“.

Themen der Konferenz waren u. a.:

  • die Berücksichtigung von kollektiven und transgenerationalen Traumata bei der therapeutischen Bearbeitung akuter Kriegstraumatisierungen
  • die traumatherapeutische Arbeit mit ehemaligen KriegsteilnehmerInnen und ihren Familienangehörigen
  • die Rolle der Community und der Familie in der traumatherapeutischen Konfliktnachsorge
  • Spezifika und Besonderheiten der traumatherapeutischen Arbeit mit Opfern von sexueller Gewalt während Kriegshandlungen, sowie
  • die Burn-Out-Prävention und Rehabilitation von Fachkräften der psychosozialen Hilfe in Konfliktregionen.

Die Konferenz zeigte abermals die große Bedeutung, die letztgenanntes Thema aktuell für die ukrainische Zivilgesellschaft hat: Viele Fachkräfte und Ehrenamtliche im Bereich der psychosozialen Arbeit stehen unter einem hohen Burn-Out-Risiko bzw. bedürfen selbst der Rehabilitation. Die nötige Burn-Out-Prophylaxe, z.B. in Form von Supervision, findet nicht in ausreichendem Maße statt und wie eine Teilnehmerin der Konferenz beschreibt, ist dies nicht zuletzt auch finanziell begründet: „Viele von uns können sich so etwas (Supervision Anm.d.V.) finanziell nämlich gar nicht leisten“.

Daher wurde auf der Konferenz noch einmal explizit auf die bis zu 400 kostenlosen Supervisionssitzungen, die im Rahmen unseres Projektes angeboten werden, hingewiesen: Zivilgesellschaftlich engagierte TraumatherapeutInnen, PsychologInnen und SozialarbeiterInnen, die mit kriegsbetroffenen oder traumatisierten Menschen arbeiten, können mittels eines speziell eingerichteten Formulars in Regionen der Ukraine sowie per Skype kostenlose Supervisionen bei den bei uns in Ausbildung befindlichen 9 ukrainischen klinischen SupervisorInnen beantragen.

Zum Abschluss der Konferenz wurden im Format des Weltkaffees Empfehlungen für die erfolgreiche traumatherapeutische Konfliktnachsorge in der Ukraine erarbeitet, die sich gleichermaßen an praktizierende TraumatherapeutInnen und PsychologInnen, Fachkräfte der psychosozialen Arbeit, LehrerInnen, andere zivilgesellschaftliche sowie staatliche Akteure richten. „Wir hoffen sehr, dass die hier erarbeiteten Empfehlungen Gehör finden und  auch von der ukrainischen Regierung in ihrer zukünftigen Konfliktnachsorge berücksichtigt werden“, so Maria Slesazeck, Leiterin des Projektes „Kriegsfolgen gemeinsam überwinden“ des DRA e.V.

Um die Grundidee der Konferenz – Plattform des Erfahrungsaustauschs und der Vernetzung im Bereich der Traumatherapie in Konflikt- und Postkonfliktregionen zu sein – , fortzuführen, haben wir eine Austausch-Plattform geschaffen, auf der alle KonferenzteilnehmerInnen zum einen die Möglichkeit haben, Diskussionen und Gespräche, die in Kyiv begonnen wurden, fortzusetzen. Zum anderen soll die Plattform auch über die Konferenz einen Raum für die zukünftige Zusammenarbeit und mögliche internationale und/oder nationale (innerukrainische) Kooperationen im Bereich der traumatherapeutischen Arbeit schaffen.

Einen kleinen Einblick in die Konferenz und die Projektkomponente „Bearbeitung der Kriegsbedingten Traumata“ vermittelt der Fernsehbeitrag des ukrainischen Lokalsenders „7 Kanal“: Dieser filmte die Pressekonferenz, die am Vorabend der Konfrerenz, am 24. November, in der Presseagentur „UNIAN“ in Kyiv stattfand. Interviewt wurden die Vertreterin des DRA e.V und Leiterin des Projekts, Maria Slesazeck, sowie die Vertreterin des ukrainischen Hauptpartners des Projektes „Kraina Viljnih ljudej“, Nadezhda Homenko. Das russischsprachige Interview kann unter folgendem Link angesehen werden:  (Ab der 09:53 Min.):