Fachpersonal der staatlichen Strukturen, Pädagogen, Ärzte – das sind die Menschen, mit denen Binnenvertriebene nach der Ankunft am neuen Ort am meisten in Kontakt stehen, um Fragen der finanziellen Leistungen und der sozialen Hilfsleistungen zu klären, um ihre Kinder an Vorschul- und Schuleinrichtungen unterzubringen, um medizinische Hilfe zu bekommen. Darüber hinaus wenden sich sowohl Binnenvertriebene, als auch (ehemalige) Kriegsteilnehmer, die aus den Kriegsgebieten heimkehren, häufig an staatliche Einrichtungen für Arbeitsvermittlung und sozialen Schutz, an Familien- und Jugendeinrichtungen, an Bezirkskrankenhäuser. Wiederholt kommt es hierbei zu Konflikten, zur Diskriminierung von Binnenvertriebenen, sowie zu Differenzen zwischen den Gruppen. Die Arbeit mit dem Fachpersonal der genannten Einrichtungen bildet den Schwerpunkt im Rahmen des Projekts „Einen Schritt entgegenkommen“, welches sowohl für die Teilnehmende aus der Stadt, als auch aus dem ganzen Gebiet Winnizja richtet.
Das Kleinprojekt wird im Rahmen unserer Schulungsreihe „Handlungsmöglichkeiten gegen konfliktbedingte Diskriminierungen“ gefördert und fachlich unterstützt. Organisatorin und Kursleiterin des Projektes „„Einen Schritt entgegenkommen“, Natalja Sergienko ist einer der Teilnehmerin dieser Schulungsreihe. Mit ihrem Projekt kann sie das erworbene Wissen nun direkt in die Tat umsetzen und unmittelbar auf die kriegsbedingten Vorurteile und Konflikte in den staatlichen Einrichtungen des Gebiets Winnyzja reagieren.
Es haben bereits Arbeitstreffen zum Projekt sowie zwei thematische Trainings stattgefunden. Beim ersten Training ging es um Fragen der ukrainischen Gesetzgebung zur Diskriminierungsprävention und um internationale Erfahrung im Bereich der Antidiskriminierungspolitik. Darüber hinaus ging es auch um die Aktualisierung der eigenen Erfahrung der Teilnehmenden, die Betrachtung ihrer Lebenssituationen sowie der Schwierigkeiten, die bei ihrer Arbeit aufkommen. Natalja Sergienko von der zivilgesellschaftlichen Organisation „Büro für institutionelle Entwicklung“ – Initiatorin und Organisatorin des Kleinprojekts – stellte fest, dass Fragen des Umgangs mit (ehemaligen) Kriegsteilnehmern und die Erfahrung der Bezirkspsychiaterin, die auch der Kommission des Wehrersatzamtes angehört, von besonders großer Bedeutung waren. Die Bezirkspsychiaterin erzählte von ihrer Erfahrung im Umgang mit schwierigen Situationen, räumte eine Vielzahl von Psychiatrie-Mythen aus und war darüber hinaus eine aktive Teilnehmerin der Gruppe.
Das zweite Training wurde für Organisationspädagogen aus verschiedenen Bezirken von Winnizja durchgeführt. Dabei wurde viel über Stereotypen, über Gruppen und über die Vielfalt innerhalb der Gruppen gesprochen und es wurde über viele Beispiele der Diskriminierungen in dem Alltag berichtet, insbesondere über Familien, deren Angehörige im militärischen Konflikt in der Ostukraine gefallen sind. Darüber hinaus ging es auch um Fragen der Sprache, der Vielfalt in der Ukraine, der Mentalität.
Im Rahmen des von uns geförderten Projekts sind eine Reihe von thematischen Trainings sowie auch professionelle Konsultationen geplant, die eine tiefere Analyse, Aufarbeitung der Situation und Suche nach Lösungsstrategien in konfliktbedingten Diskriminierungsfällen gewährleisten sollen. Das Projekt soll mit einem Abschlusstreffen abgeschlossen werden, bei dem eine Auswertung der Erfolge und der Themen, die im Laufe des Projekts behandelt wurden, erfolgen soll.