Die Folgen des Krieges haben vielfältige Auswirkungen und spiegeln sich auf unterschiedliche Weise in der Gesellschaft der verschiedenen ukrainischen Regionen wider. Die verbindende Gemeinsamkeit dabei ist, dass die meisten, von ukrainischer Regierung kontrollierten Städte Binnengeflüchtete, (ehemalige) Kriegsteilnehmer_innen oder Familien aufgenommen haben, deren Familienangehörige im Krieg gefallen sind. Neben der psychischen und physischen Rehabilitation benötigen solche Bevölkerungsgruppen besondere Hilfe und Unterstützung bei der Arbeitssuche und Beschäftigung. Darüber hinaus ist es wichtig, innovative Konzepte des Unternehmertums – insbesondere im sozialen Bereich – zu entwickeln, um den zivilgesellschaftlichen Aktivist_innen mehrere Handlungsoptionen im Engagement für die Minderung von Kriegsfolgen zu ermöglichen.
Diesen Aufgaben und Herausforderungen stellt sich unser Projekt „Soziales Unternehmertum als ein effektives Instrument der Konfliktnachsorge“. In diesem beschäftigen sich 5 zivilgesellschaftliche Aktivist_innen aus verschiedenen Regionen der Ukraine mit den Modellen des sozialen Unternehmertums und entwickeln ihre eigenen Geschäftsideen, um neue Arbeitsplätze für besonders von Kriegshandlungen betroffene soziale Gruppen zu schaffen. Das mittlerweile zweite Ausbildungsmodul fand vom 27. bis 3. Mai in Kyiv statt. Unter der Anleitung von Experten aus der Ukraine und Deutschland, die über internationale Erfahrungen in der Organisation sozialen Unternehmertums unter Nachkriegsbedingungen verfügen, haben sich die Teilnehmer_innen mit Geschäftsmodellen für die Beschäftigung von Kriegsopfern und Menschen mit Behinderungen auseinandergesetzt.
Im zweiten Modul lernten die Schulungsteilnehmer_innen zudem die Philosophie des sozialen Unternehmertums als eine Methode für die Konfliktbearbeitung kennen sowie das Gründungsvorgehen eines SU-Teams in der Gesellschaft mit Binnengeflüchteten, die Finanzplanentwicklung und Gewinnmöglichkeiten auch in Notlagen. Abgerundet wurde das Seminar mit dem fachlichen Vortrag zu der ukrainischen Gesetzgebung im Bereich „Soziales Unternehmertum“ vom Vasily Nazarjuk.
Um das theoretische Wissen auch in der Praxis anschaulich zu machen, wurde Yuri Lopatynsky, der Gründer des erfolgreichen ukrainischen Unternehmens „Nuss-Haus“ (Soziales Unternehmen für Obdachlose und Frauen, die unter häuslicher Gewalt leiden) eingeladen. Darüber hinaus wurden auch international erfolgreiche Businessmodelle aus Amerika, Asien und Osteuropa vorgestellt und analysiert.
Die Teilnehmer_innen des Projektes konnten dann mit der Unterstützung von Trainern, die ein schrittweises Aufbaumodell eines sozialen Unternehmertums anschaulich machten, und unter der Berücksichtigung des kriegsbedingten Kontextes, in dem die Aktivist_innen und ihre Zielgruppe leben, eigene Konzepte erarbeiten und diskutieren. Dabei stand vor allem die effektivere Zusammenarbeit zwischen Kriegsbetroffenen, der lokalen Bevölkerung, den städtischen Behörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen als Ziel im Vordergrund.
Am Ende des Moduls haben alle Teilnehmer_innen ihre Geschäftsideen präsentiert. Um ihnen ein professionelles Feedback zu ermöglichen, wurden zu dem Seminar Experten_innen und erfolgreiche soziale Unternehmer_innen aus der Ukraine eingeladen. Nach der Vorstellung der Konzepte konnten die Experten viele sinnvolle und konstruktive Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge geben, die dankbar angenommen wurden. Als eine Art spannender Ausblick läuft aktuell auch ein Wettbewerb unter unseren Teilnehmer_innen, in dem die vier besten Businessmodelle zum Titel „Soziales Unternehmertum als ein effektives Instrument der Konfliktnachsorge“ gekürt werden. Wir wünschen allen Teilnehmer_innen viel Erfolg und gewähren den Gewiner_innen finanzielle und fachliche Unterstützung für die Realisierung ihrer sozialen Unternehmen.